Bild: Dreilinden


telegrafisches Kurzzeichen: ehemals Dr
eröffnet: 2. Juni 1913
elektrischer Betrieb seit: 10. Juli 1928
Zugverkehr wegen Bauarbeiten eingestellt: 19. Januar 1953
Zugverkehr wieder aufgenommen: 11. September 1954
Zugverkehr eingestellt: 13. August 1961
Station liegt auf der Friedhofsbahn

Stahnsdorf Wannsee

Die Stahnsdorfer Terraingesellschaft war am Bau der Friedhofsbahn sehr stark interessiert. Im Bereich Dreilinden gehörte ihr zu jenem Zeitpunkt die gleichnamige Kolonie. Um diese nun entsprechend für zukünftige Grundstücksbesitzer attraktiv zu machen, gab sie das Gelände vom nahen Stahnsdorfer Südwestfriedhof bis zur Strecke der Stammbahn an die Königlich Preußische und Großherzoglich Hessische Staatseisenbahn (K.P.u.G.H.St.E.) kostenlos ab; zudem zahlte sie noch einen Kostenzuschuß von 630.000 Mark.

Die K.P.u.G.H.St.E. errichtete die Station Dreilinden ca. 120 Meter südlich der Stammbahnstrecke in einem Geländeeinschnitt. Über den Bahnhofsvorplatz erreichten die Reisenden einen im Gewächsstil gehaltenen Treppenzugang, der in das 21 x 6,3 Meter große, einstöckige Empfangsgebäude mündete. Dieses befand sich am nördlichen Ende des 200 Meter langen Bahnsteiges. Von Anfang an war ein zweigleisiger Ausbau der Friedhofsbahn vorgesehen. Interessanterweise ragte die verglaste Zugangstreppe in das Planum des zukünftigen westlichen Gleises hinein und schloß bündig an die Bahnsteigkante an. Wie nach einer Gleiserweiterung der Zugang zum Perron gewährleistet worden wäre, ist derzeit unklar. Da schon 1915 in einer Meßblattzeichnung eine Verschiebung des Haltepunktes unter die Stammbahn optional vorgesehen war, liegt die Vermutung nahe, dass die 1913 in Betrieb gegangene Station an ihrem Standort nicht für die Ewigkeit gebaut worden war.

Bild: Ansicht des Haltepunktes um 1914

Das Dienstgebäude des Haltepunktes Dreilinden befand sich am nördlichen Bahnsteigende. Über die Brücke rechts im Bild verkehrten zum Aufnahmezeitpunkt die Züge der Stammbahn (um 1914).
Repro aus: Zentralblatt der Bauverwaltung, Heft 84 vom 21. Oktober 1914

Der Bahnsteig selber war anfänglich wegen des vorerst zu erwartenden geringen Reisendenaufkommen nur mit einem Zugzielanzeiger ("Hampelmann") und ein paar Bänken möbliert. Für den Aufsichtsbeamten errichtete die Staatseisenbahn ein Wohnhaus auf dem Bahnhofsvorplatz. Da beim Bau der Strecke zur Unterquerung der Stammbahn eine Bahnbrücke nötig wurde, legte sie auch gleich an deren westlichen Brückenwiderlager einen drei Meter breiten Fußgängertunnel an; dieser verband den Weg vom Bahnhofsvorplatz mit dem Königsweg.

Am 2. Juni 1913 wurde die Station eingeweiht, tags darauf für die Reisenden in Betrieb genommen. Im Fahrplan 1914 verkehrten hier werktags je Richtung zwölf Züge in der Zeit von 6 bis 21 Uhr. Vorerst blieb der Erfolg des Haltepunktes Dreilinden aus, im Oktober 1914 nach über einem Jahr Betrieb konstatierte Regierungsbaumeister Roloff aus Stettin:

In Dreilinden werden alltags etwa nur 5, Sonntags 20 bis 50 Fahrkarten abgenommen. Da die Fahrpreise im Vorortverkehr nach Wannsee und Dreilinden dieselben sind, so steht zu hoffen, daß Dreilinden, welches versteckt in prachtvollem märkischen Kieferwald liegt und über den Königsweg eine genußreiche Wanderung nach Kohlhasenbrück bietet, in den nächsten Jahren bei den Ausflüglern mehr in Aufnahme kommen wird. [1]

In einer Meßblattzeichnung aus dem Jahre 1915 ist an der Querung der Stamm- über die Friedhofsbahn ein entsprechender Kreuzungsbahnhof optional eingezeichnet. Diese Idee verfolgte man nicht weiter, erst mit den Planungen der Reichsbahnbaudirektion Berlin ab dem Jahre 1937 wurde der angedachte Kreuzungsbahnhof - unter Aufgabe des bisherigen Haltepunktes Dreilinden und dessen Verschiebung unter die Stammbahnstrecke - konkreter. Es kam jedoch nie zu einer entsprechenden Bauausführung.

Am 10. Juli 1928 hielt der elektrische Zugbetrieb auf der Friedhofsbahn Einzug. Anfangs fuhren sechs Wagenzüge, die aus Erkner bzw. Friedrichshagen kommend auf diese Stichstrecke abgeleitet wurden. Dieser Mischbetrieb mit den dampfbetriebenen Vorortzügen wurde am 22. August 1928 durch den Einsatz zweier Halbzüge - die Baureihe ist leider nicht bekannt - abgelöst; diese beiden Züge verkehrten im elektrischen Vollbetrieb zwischen Wannsee und Stahnsdorf als Zuggruppe M. Diese Zuggruppe verkehrte mindestens ab 1932 nicht an speziellen Sommer-Wochenenden; sie wurde an jenen Tagen durch die Zuggruppe GII (Gustav römisch zwei) mit durchgehenden Zugläufen Mahlsdorf—Stadtbahn—Stahnsdorf ersetzt [2].

Bild: ehemaliger Zugang 2003

Blick auf den ehemaligen Bahnsteig. Da sich der Bahnsteig auch Jahrzehnte später noch hervorhebt, wird bei diesem Bild sehr deutlich, wie weit die Zugangstreppe auf das ehemals geplante westliche Gleisplanum hineingebaut wurde (2. Mai 2003).

Spätestens mit der Elektrisierung der Friedhofsbahn erhielt Dreilinden eine Blockstelle. Nach einem Zeitzeugen [9], der bis Ende der 1950er Jahre im Bahnhof Wannsee tätig war, war diese Blockstelle ständig mit einer Aufsicht bzw. Blockwärter besetzt, denn die Leichenzüge fuhren auch noch in den 1950er Jahren.

Bis kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges - vermutlich bis zum 23. oder 24. April 1945 - verkehrte bis zur Einnahme des Berliner Südwestens durch die Rote Armee auch in Dreilinden noch die S-Bahn.
Mit der Wiederaufnahme des S-Bahnbetriebes am 17. September 1945 wurde Dreilinden zur Endstation, Grund hierfür war die in den letzten Kriegstagen gesprengte Teltowkanalbrücke. Nach deren Reparatur fuhren ab dem 27. Mai 1948 die rot-gelben Züge wieder durch bis Stahnsdorf. Diese seit September 1945 gefahrenen Zugläufe wurden aus von der Wannseebahn verkehrenden Zügen in einem 40-Minutentakt bedient. Erst ab dem 8. Februar 1950 bekam die Friedhofsbahn wieder eine eigenständige Zuggruppe, jetzt als Zuggruppe VI (römisch sechs) bezeichnet, die nur zwischen Wannsee und Stahnsdorf und weiterhin nur im 40-Minutentakt verkehrte [3],[4]. Es fuhr ein Halbzug der BR 169. Vermutlich im Mai 1951 führte die Reichsbahn den 20-Minutentakt wieder ein [5].

Die Ostberliner Deutsche Reichsbahn legte am 19. Januar 1953 die Strecke wegen Gleisbauarbeiten still. Jedoch fanden nie entsprechende Arbeiten statt. Zwanzig Monate später, am 11. September 1954, ging die Strecke wieder in Betrieb. Anfang 1955 wurde dem bisherigen Fahrzeugumlauf ein weiterer hinzugefügt [6].

In den ersten Stunden des 13. August 1961 begannen die Sperrmaßnahmen der DDR im Zusammenhang mit dem Mauerbau. Nachdem um 1.27 Uhr der Zug nach Wannsee abgefahren war, wurde der Haltepunkt Dreilinden außer Betrieb genommen. Ca. 300 Meter nördlich wurden das Gleis und die Stromschiene durchtrennt. Auch ist die Signaltechnik des Haltepunktes bis zum 14. August 1961 abgebaut worden [7].

Erst im Frühjahr 1964 erfolgte der Abbau der Strecke - zumindest auf DDR-Seite. Ab Kilometer 2,1 [8], der S-Bahnhof Dreilinden befand sich im Kilometer 2,3, verschwanden das Gleis und die Stromschiene. Im gleichen Jahr riß man ebenfalls das Empfangsgebäude ab, wahrscheinlich fiel zu jenem Zeitpunkt auch die verglaste Einhausung des Treppenzuganges der Spitzhacke zum Opfer. Diese Treppe wie auch der Bahnsteig sind heute noch sichtbar.

Stahnsdorf Wannsee

Autor:
Mike Straschewski

Quellen und weiterführende Buchtipps:
Die Friedhofsbahn Wannsee-Stahnsdorf; Roloff; Heft 83 vom 17. Oktober 1914
Die Friedhofsbahn Wannsee-Stahnsdorf; Roloff; Heft 84 vom 21. Oktober 1914
[1] Die Friedhofsbahn Wannsee-Stahnsdorf; Roloff; Heft 84 vom 21. Oktober 1914
[2] Betriebsführung der S-Bahn nach 1928; Bernd Kuhlmann; Verkehrsgeschichtliche Blätter; Heft 4/1978
[3] Webseite Zuggruppenchronik von Holger Prüfert; 1. Quartal 1950
[4] Wannsee-Stahnsdorf: Eine S-Bahnstrecke im Abseits; Wolfgang Kiebert; Verkehrsgeschichtliche Blätter Heft 6/2009
[5] ebenda
[6] ebenda
[7] Übersicht über den Stand der pionier-technischen Sicherungsmaßnahmen vom 14.8.1961; entnommen aus Endstation Mauerbau; Manuel Jacob; Verlag Neddermeyer; 2011
[8] Stahnsdorf und kein Ende… Erinnerungen an eine legendäre S-Bahnstrecke; diverse Autoren; Verkehrsgeschichtliche Blätter; Heft 2/2011[
[9] Zeitzeugengespräch durch den Webmaster der Seite www.berliner-stellwerke.de
Berlins S-Bahnhöfe; Jürgen Meyer-Kronthaler/Wolfgang Kramer, be.bra Verlag, 1998

weiterführende Links:
Bahnstrecken im Süden Berlins
Der Bahnhof bei Google Maps

Veröffentlichung:
11. Mai 2014 (neue Version), 26. Oktober 2008 (vorherige Version)


letzte Änderung des Textes: 11. Mai 2014

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