Der Mini-Otto


Eine betriebliche Besonderheit war jahrelang zwischen den S-Bahnhöfen Schöneweide und Spindlersfeld unterwegs - der sogenannte "Mini-Otto". Sein zweiteiliger Name setzte sich wie folgt zusammen: Das Wort Mini wird hier bezeichnenderweise für das verkehrende Fahrzeug verwendet: als kleinste, betriebsfähige Einheit fungiert bei der S-Bahn der Viertelzug, hier passenderweise mit zwei Führerständen. Der zweite Teil des Wortes rührte von der dort verkehrenden Zuggruppe O und deren internen Funkbezeichnung "Otto" her.

Bild: Mini-Otto in Schöneweide

Ein Mini-Otto steht im Umlauf 7 in der kleinen Kehranlage Schöneweide bereit.

Ab dem 31. Januar 1976 (ein Sonnabend) verkehrte erstmalig zwischen Schöneweide und Spindlersfeld ein einzelner Viertelzug - und von da an fast jedes Wochenende. Der Grund hierfür lag jedoch weiter nördlich an der Stettiner Bahn: in Buch stiegen mit dem stetigen Neubau von Wohnungen die Fahrgastzahlen, die 20minütige Zugfolge reichte nicht mehr aus.

Um den Zehn-Minuten-Takt einführen zu können, baute die Deutsche Reichsbahn (DR) in Karow für Kreuzungszwecke ein zweites Bahnsteiggleis. Dieses ging am 1. Februar 1976 in Betrieb, gleichzeitig veränderten sich auch die Zugläufe der verkehrenden Zuggruppen Ludwig und Otto. Fuhr der Ludwig in der Woche Buch - Alexanderplatz, so änderte sich sein Zuglauf am Wochenende in Buch - Schöneweide. Die Zuggruppe Otto fuhr werktags Spindlersfeld - Blankenburg, am Wochenende verkehrte sie nur zwischen Spindlersfeld und Schöneweide.

Bild: Mini-Ottos in Grünau

Zur Überführung bereit stehen diese beiden Mini-Otto im S-Bw Grünau (ca. 1982).

Da im nördlichen Streckenabschnitt der Zehn-Minuten-Takt (mit Zuggruppe Nordpol) unbedingt gewährleistet werden sollte, ergaben sich daraus für die Zuggruppe Ludwig in Schöneweide ungünstige Ankunfts- und Abfahrtzeiten in Richtung Spindlersfeld. Daher entschloß sich die DR, die Zweigbahn Schöneweide - Spindlersfeld mit einzeln fahrenden Viertelzügen zu bedienen. Erkennbar für den Eisenbahner waren die "Mini-Ottos" an ihren Umlaufnummern: ihnen waren die Ziffern 6 und 7 zugeordnet. Die Umlaufnummern 1 - 5 gehörten zu den werktäglich verkehrenden Ottos.

Bei großem Verkehrsaufkommen oder bei nicht einsatzfähigen Einzelfahrzeugen kamen operativ Halbzüge des S-Bahnbetriebswerk Grünau zum Einsatz. Letztmalig verkehrte der "Mini-Otto" am 31. Mai 1986.
Ein weiterer Viertelzugeinsatz waren die innerbetrieblichen Fahrten der Bulettensusi.


Autor:
Mike Straschewski

Quelle:
Abschied vom Mini-Otto; Hans-Joachim Hütter; Verkehrsgeschichtliche Blätter, Heft 6/1986

letzte Änderung:
26. Juli 2008

Veröffentlichung:
26. Oktober 2008

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