Der Verbleib der Züge im Ausland


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S-Bahnen als Kriegsreparation

Insgesamt 287 S-Bahnwagen - davon 114 der Baureihen 166 und 167 - wurden ab April 1946 als Reparationsleistung an die Sowjetunion abgegeben. Aus Berlin kamen 196 Wagen, 92 davon Baureihe 167, und aus Schlesien vermutlich 73 Wagen, davon vier der Baureihe 166 und 14 der Baureihe 167.
Weitere 18 Berliner S-Bahnwagen (davon vier der Baureihe 167) folgten ab 1948: Sie gelangten von Österreich in die Sowjetunion. Mit 69 Viertelzügen kehrte die S-Bahn-Reparationsleistung im Jahr 1952 etwa zur Hälfte zurück.

Moskau (Rußland)

Bekannt ist der Einsatz von 28 Fahrzeugen der Baureihen 166 und 167 im Moskauer Vorortverkehr. Sie fuhren überwiegend auf der mit Oberleitung und 1500 Volt Gleichspannung betriebenen Vorortstrecke Pawelezer Bahnhof - Domodjedowo.

Kiew (Ukraine)

Auf der mit 750 Volt Gleichspannung betriebenen Strecke Kiew-Bojarka kamen von den Berliner Wagen zuerst "Stadtbahner" zum Einsatz. Nach 1952, nach Verlängerung der Strecke bis Wasilkow kamen aus Moskau dann auch zurück- bzw. umgebaute "Berliner Rundköpfe" (Triebzüge EM 167). Diese wurden 1955, nach Umrüstung der Strecke auf 1500 Volt Gleichspannung, abgestellt, ein Teil davon - sechs Wagen sind bekannt - kam nach Tallinn.

EM 167

Reval - Tallinn (Estland)

Mindestens 33 Wagen wurden ab 1946 auf der Vorortstrecke Tallinn - Pääsküla (Oberleitung, 750 Volt Gleichstrom) eingesetzt. Im Moskauer Wagenreparaturwerk Perow für Breitspur (1524 Millimeter) umgerüstet, erhielten die Triebwagen dort jeweils zwei Dachstromabnehmer, außerdem größere Front- sowie einen etwas überdimensionierten Dachscheinwerfer. Zunächst wurden 28 "Rundköpfe" (Baureihe EM 167) aus Berlin eingesetzt. 1955 folgten von der auf 1500 Volt Gleichstrom umgestellten Strecke Kiew - Bojarka - Wasilkow weitere "Berliner", deren Einsatz in Tallinn dann im Januar 1958 insgesamt beendet wurde.

Die Wagen waren schon länger als ein Jahr außer Betrieb und abgestellt, als im März 1959 mit dem Verkehrsministerium der DDR Verhandlungen über eine mögliche Rückführung begannen. Am 21. und 22. März 1960 fand eine Besichtigung durch Fachleute der Deutschen Reichsbahn statt und im Frühjahr 1961 befürwortete das DDR-Verkehrsministerium die Aktion. Doch aus der Rückkehr wurde nichts. Nach dem Mauerbau war im Westteil Berlins die Benutzung der S-Bahn stark zurückgegangen (S-Bahnboykott ). Es zeichnete sich ein Überschuss an Fahrzeugen ab, so dass die Deutsche Reichsbahn im September 1961 auf die Rückführung verzichtete.

Lauban - Lubań

Während der Kriegszeit besserte das Reichsbahnausbesserungswerk (RAW) Schweidnitz in Schlesien Berliner S-Bahnzüge im Wagenkasten- und Innenbereich aus. Insgesamt befanden sich bei Kriegsende mindestens 179, möglicherweise sogar mehr als 250 Berliner S-Bahnwagen in Schlesien. Aus dem dort verbliebenen Bestand bediente sich der Sieger und brachte einen Großteil der Berliner Wagen in die Sowjetunion. Später überführten die nun federführenden polnischen Staatsbahnen PKP die Züge nach Lauban in das 1945 durch den sowjetischen Beutezug geplünderte frühere RAW (für elektrische Lokomotiven und Wechselspannungstriebwagen im schlesischen Netz). Dort besserten die PKP die Fahrzeuge aus und richteten sie für den Einsatz auf den von Danzig Hauptbahnhof ausgehenden neu errichteten S-Bahnstrecken her; nicht wenige der Wagen verblieben in Lauban auf Jahre abgestellt. Nach Einstellung des S-Bahnbetriebes mit 750 Volt am 16. Dezember 1976 (seit 20. Dezember 1976 einheitlich mit dem landestypischen Gleichstrom von 3000 Volt betrieben) wurden einige Wagen später umgebaut, waren Material- und Ersatzteilspender oder dienten im polnischen Eisenbahnnetz als Lagerschuppen oder Bahndienstwagen den unterschiedlichsten Zwecken. Für die meisten dieser Fahrzeuge liegen keine näheren Angaben vor.

Danzig - Gdansk

Nachdem Lauban in Zuständigkeit der polnischen Staatsbahn (PKP) gelangt war, baute man dort die ersten Wagen für den Vorortverkehr in Danzig um: 96 Berliner "Stadtbahner" der Baureihe 165 wurden zu EW 90, die ab 1951 zwischen Danzig Hauptbahnhof und Danzig-Neufahrwasser eingesetzt wurden. 1956 folgten, bedingt durch die Erweiterung des elektrischen Danziger Streckennetzes (1952 bis Zoppot, 1957 bis Neustadt) nochmals zwölf Wagen. Gleichzeitig wurden aus dem bislang ungenutzten PKP-Bestand 40 Wagen der Baureihe 167 umgebaut, die ab 1957 in Danzig als EW 91 eingesetzt wurden.

Durch Kapazitätsengpässe - die Umrüstung der Strecken auf 3000 Volt Gleichstrom und die Lieferung der nächsten Triebwagengeneration kamen nicht voran - entschloss sich die polnische Eisenbahn, nochmals zwölf Wagen der Baureihe 166 umzubauen, die ab 1961 als EW 92 eingesetzt wurden. Insgesamt wurden damit im Danziger S-Bahnverkehr 161 ehemalige Berliner Fahrzeuge eingesetzt, davon 53 "Rundköpfe".

Danzig

Nachdem die beiden Strecken der Stadtschnellbahn SKM Gdansk - Wejherowo sowie Gdansk - Nowy Port im Dezember 1976 auf die landesweite Fahrstromversorgung (3000 Volt Gleichstrom) umgestellt waren, gingen die Berliner Wagen außer Betrieb. Viele der abgestellten Wagen wurden verschrottet. Andere wurden zu Oberleitungs-Revisions-Wagen umgebaut und erhielten Drehgestelle von Personen- oder Güterwagen. Nur für wenige lässt sich der Verbleib nachweisen, und unklar ist auch, wie viele zurzeit noch vorhanden sind.

München (Isartalbahn)

Bei Kriegsende befand sich im Bereich der Reichsbahndirektion Nürnberg ein Peenemünder Viertelzug. Die näheren Umstände, wie er dorthin gelangt war, sind nicht bekannt. Diese beiden Peenemünder Wagen, die vier bei Wegmann & Co. in Kassel 1942 bestellten aber zunächst nicht gebauten Beiwagen der Baureihe 167 sollten für den Oberleitungsbetrieb der Isartalbahn mit 750 Volt Gleichspannung hergerichtet werden. Die "Peenemünder" bekamen dazu je einen Scherenstromabnehmer auf das Dach. Zwei Fahrmotore wurden entfernt, dies ermöglichte den Betrieb mit 750 Volt Gleichstromspannung.

Die Beiwagen der Baureihe 167 wurden zu zwei Trieb- und zwei Steuerwagen. Die Triebwagen erhielten je zwei Scherenstromabnehmer, die Steuereinrichtungen kamen aus Reservebeständen der Baureihe ET 171 der Hamburger S-Bahn. BBC Mannheim lieferte die elektrische Ausrüstung. Die Wagen erhielten eine neue Stirnfront, zwei mit Schlußleuchten kombinierte Scheinwerfer, Eisenbahnkupplungen und -puffer. Ansonsten wurden beide Triebwagen (Nichtraucher) und beide Beiwagen (Raucher) dem Peenemünder Viertel, u.a. in der Anordnung der Achsen, angeglichen. Im August 1946 begann der Einsatz der Triebzüge, jetzt als Baureihe 182 bezeichnet, auf der Isartalbahn München Isartalbahnhof - Höllriegelskreuth - Grünwald. 1950 fand erneut ein Umbau bei Wegmann & Co in Kassel statt. Die ehemaligen Peenemünder erhielten nun beide Stromabnehmer auf den Triebwagen, während der Steuerwagen ohne Stromabnehmer blieb. Beide Wagen erhielten die Schalteinrichtung der Baureihe ET 171 der Hamburger S-Bahn. Die Scharfenbergkupplung wich Zughaken und Schraubenkupplung. Außerdem ersetzten zusätzliche Fenster weitere Türen.

Peenemünde

426 002-2 auf dem Gelände des Historisch-Technischen Informationszentrums in Peenemünde (23. Juni 2004).

Weil am 23. März 1955 der Gleichrichter im Kraftwerk Maria Einsiedel ausfiel, mussten die Triebzüge etwas vorzeitig abgestellt werden. Zwar gab es Überlegungen, die Fahrzeuge zu Reisezugwagen umzubauen. Doch weil die Strecke nur wenig später schon auf Wechselstrom umgestellt werden sollte, entschied man sich für die kostengünstigere Variante, die Züge für den weiteren Einsatz als Wechselstromtriebzüge herzurichten. Der Umbau der Wagen für das bundesweite Fahrstromnetz (15.000 Volt Wechselstrom) in Kassel endete dann 1957. Abermals kam die elektrische Anlage von BBC Mannheim, und versuchsweise gab es einen gefederten BBC-Antrieb. Die Höchstgeschwindigkeit betrug 120 Kilometer pro Stunde, verringert durch eine mehrlösige Druckluftbremse. Die Stirnfronten bekamen eine einheitliche Form. Die Steuerwagen erhielten beim Umbau der drei Abteile zwischen Führerstand und Einstieg zu zwei Erste-Klasse-Abteilen in diesem Bereich Seitenwände und jeweils zwei breite Fenster, die Stirnfronten blieben unverändert.

Abschließend zeichnete die Deutsche Bundesbahn die Triebzüge in ET/ES 26 um und setzte sie auf Neben- und Hauptstrecken in Bayern und Rheinland-Pfalz ein. Im Laufe des Jahres 1978 wurden die Züge abgestellt, nur der Peenemünder Zug blieb erhalten.

In Obhut der Freizeitgruppe des Bahn-Sozialwerks (BSW) München wurde der Triebwagen im Oktober 1987 erstmals im Bahnbetriebswerk München Ost ausgestellt, ab Mitte der 90er Jahre fand er zusammen mit dem Steuerwagen Platz im Betriebswerk Garmisch-Partenkirchen.
Der Zug - er gehört zum Bestand des Museums der Deutschen Bahn - wird auf Basis eines für 20 Jahre geschlossenen Leihvertrages in Peenemünde eine neue Aufgabe finden. Optisch aufgearbeitet, soll er dort - als Exponat im Historisch-Technischen Informationszentrum (HTI) - seine Geschichte zeigen.

Ein Peenemünder kehrt auf die Insel Usedom zurück


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letzte Änderung:
25. März 2013

Veröffentlichung:
26. Oktober 2008

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