Richtefest beim Untergrundbahnhof Stettiner Bahnhof


Der Baufortschritt an der Nordsüd-Bahn zu Berlin, deren Tunnel nach nunmehr zweijähriger Bauzeit zwischen der Nordmündung und dem Bahnhof Unter den Linden hergestellt ist, hat am 27. Februar durch ein oberirdisches Richtefest für den ersten im Rohbau fertiggestellten Hochbau sichtbaren Ausdruck gefunden.

An der Südseite des Stettiner Bahnhofs erstreckt sich in beträchtlicher Tiefe unter Straßenniveau die große Bahnsteighalle, die in Zukunft die Rolle des jetzigen Stettiner Vorortbahnhofs übernehmen wird.

Die drei von hier ausstrahlenden Nordlinien mit ihren stark bewohnten und noch ausbaufähigen Vororten werden aber an dieser Stelle, nicht wie bisher, einen Kopfbahnhof am Nordrand der Berliner Innenstadt bilden, sondern ihre Züge werden über den künftigen Untergrundbahnhof "Stettiner Bahnhof" hinaus mit fünf Bahnhöfen die Innenstadt durchfahren, um sich dann in die südlichen Vorortlinien einzufädeln.

Im Laufe dieses Jahres werden diese Züge bereits den größeren Teil des Innenstadt-Tunnels befahren und dabei den wichtigen Anschluß an die Stadtbahn im Kreuzungsbahnhof Friedrichstraße erreichen. In einigen Jahren folgt dann das kürzere aber schwerwiegende Stück, das über den Potsdamer Platz hinweg den Anschluß an die ältesten Vorortlinien bringen wird, so daß dann in der Nordsüd-Bahn ein würdiges Gegenstück zur alten ost-westlich verlaufenden Stadtbahn geschaffen ist, dem sicher ebenso gewaltige Verkehrsaufgaben zufallen werden, wobei noch die gegenseitige Befruchtung der beiden wichtigen Linien, durch den Kreuzungspunkt, in dem sie sich berühren, in die Rechnung miteinbezogen werden muß.

Dem Untergrundbahnhof "Stettiner Bahnhof" fallen also wichtige Aufgaben als Einfädelungspunkt der drei Nordlinien in den Nord-Süd-Tunnel zu. An wichtiger Stelle des Berliner Straßennetzes gelegen, wird er ferner von der oberirdischen Fläche her starke Verkehrsströme absaugen.

Von den beiden großen Bahnsteigen führen feste und rollende Treppen zu einem oberirdischen Empfangsgebäude, das sich am Südende der Bahnsteige erhebt und an der verkehrsreichen Invalidenstraße so gelegen ist, daß es zugleich den Vorplatz des Stettiner Fernbahnhofs flankiert. Vom nördlichen Bahnsteigende führen Stichtunnels für die Fußgänger nach Westen in die Empfanghalle des Fernbahnhofs und nach Osten in die neben den Bahnhofsanlagen entlang laufende Gartenstraße.

Bild: Modellansicht

Repro aus: Verkehrstechnische Woche, Heft 10/1936 vom 4.3.1936, Seite 119

Über den weitläufigen unterirdischen Räumen erhebt sich das im Verhältnis kleine oberirdische Empfangsgebäude, das erst vor einigen Wochen begonnen, doch schon im Rohbau vollendet ist. Es besteht aus einem langgestreckten, niedrigen Baukörper, dessen Schalterhalle sich aus der Gesamtanlage emporhebt und von einem Turm gekrönt ist, der an vier Seiten weithin mit dem S-Zeichen die Umgebung beherrscht. Die Klinkerflächen sind durch Einzelteile und Bänder aus Muschelkalk belegt.

Das Gebäude enthält außer der Schalterhalle mit den Diensträumen die Ausmündungen der festen und Rolltreppen und eine Reihe von Läden. Mit der Errichtung des Gebäudes wurde in den ersten Tagen dieses Jahres begonnen und es gelang dank der milden Witterung und dem Eifer, mit dem alle Beteiligten gearbeitet haben, den Bau, der teilweise aus einem Stahlskelett besteht, innerhalb von 5 Wochen soweit zu fördern, daß jetzt mit dem Innenausbau begonnen werden konnte.

An dem Richtefest nahmen die Betriebsführer und die Gefolgschaft der ausführenden Firmen und die Beamten der Reichsbahn, soweit sie an den Arbeiten beteiligt waren, teil. Es wurden Ansprachen gehalten vom Polier, vom Vorstand des bauausführenden Reichsbahn-Neubauamts 6, Reichsbahnoberrat Krug, und dem Hochbau-Dezernenten der Reichsbahndirektion Berlin, Reichsbahnoberrat Lüttich, in dessen Händen die Entwurfsbearbeitung lag.
Weitere Teilnehmer der Feier waren der Leiter der NS-Abteilung der Reichsbahndirektion Berlin, Direktor bei der Reichsbahn Grabski, und die zuständigen bautechnischen Dezernenten sowie der Vorstand des Reichsbahn-Betriebsamts 6.


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Quelle:
Zeitung des Vereins Deutscher Eisenbahnverwaltungen; Nr. 31 vom 31. Juli 1924

letzte Änderung:
17. März 2008

Veröffentlichung:
26. Oktober 2008

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