Bild: Heiligensee


telegrafisches Kurzzeichen: BHLS, vormals Hls
eröffnet am: 1. Oktober 1893 (nur Güterverkehr)
elektrischer Betrieb seit: 16. März 1927
Zugverkehr eingestellt: 8. Januar 1984
Zugverkehr wieder aufgenommen: 15. Dezember 1998
Station liegt an der Kremmener Bahn

Hennigsdorf Schulzendorf

Der Bahnhof Heiligensee war ursprünglich nur für den Güterverkehr mit der anliegenden Chemischen Fabrik projektiert, denn auf Grund einer Petition, die die Gemeinde Heiligensee an den Minister für öffentliche Arbeiten Maybach im Juli 1890 richtete, sah die Gemeinde den vorgesehenen Standort als ungeeignet, weil von der nahen Chemischen Fabrik eine Seuchengefahr ausgehen würde - und - besonders bemerkenswert:

... der einzige Nutznießer wäre der Fabrikbesitzer. Auf diese Weise würde die Zahl der Sozialdemokraten und Fortschrittler nur zwecklos vermehrt. Die Hauptverkehrsmittel sollen dem ganzen Volke zu Gute kommen. [1]

Solche Argumentation schien damals noch zu fruchten, denn die Königliche Eisenbahndirektion (KED) erhielt vom Minister Maybach die Order, einen neuen Bahnhof am Schulzendorfer Weg, die heutige Station Schulzendorf zu projektieren. Eine Petition der Gemeinde Heiligensee vom August 1890, die Strecke weiter an den Dorfanger zu verschwenken, wurde aus Kostengründen von der KED abgelehnt. Weil der heutige Bahnhof Schulzendorf als Personenbahnhof für Heiligensee konzipiert wurde, erhielt der Bahnhof Heiligensee als einzige Station der Kremmener Bahn kein Empfangsgebäude, sondern ein Beamtenwohnhaus und eine Wartehalle, die auch heute noch existieren. Als am 1. Mai 1897 die Güterverladestelle Heiligensee dem Personenverkehr übergeben wurde, entfiel der Doppelname für den Bahnhof Schulzendorf. Bezeichnend ist, dass man vier Jahre später keine Bedenken mehr wegen eventueller "böser" Sozialdemokraten hatte.

Bild: Abriß Bahnsteig

Die Abrißarbeiten sind am 23. Februar 1997 im vollen Gange. Der Einmannbunker wird auch bald dem Bagger zum Opfer fallen.

Nachdem der Verkehr auf der Kremmener Bahn immer mehr zunahm, plante die KED ab 1903 die Umstellung der Strecke auf einen Hauptbahnbetrieb. Der Personenverkehr in Heiligensee war von 1902 bis 1905 um 38% gestiegen [2]. Die Station Heiligensee hatte als ein Bahnhof einer Nebenbahn keine Einfahrsignale zur Sicherung der Zugfahrten. Für ihn waren daher folgende Umbaumaßnahmen vorgesehen:

3. Auf Bahnhof Heiligensee werden Personenzüge unter sich und mit Güterzügen kreuzen. Zu dem Zweck ist gemäß Anlage C die Verlängerung der Gleises II auf 550 m und des Hauptbahnsteigs auf 200 m sowie die Neuanlage eines Zwischenbahnsteigs geplant. Zur Bedienung der demnächst 540 m vom Stationsgebäude entfernten Weiche 1 und der Signale am südlichen Bahnhofsende wird die Errichtung eines neuen Weichenstellerpostens in Km 16.470 erforderlich. [3]

Das Vorgenannte soll als Beispiel dienen, welcher Aufwand erforderlich war, um den Forderungen des Hauptbahnbetriebs zu genügen. Am 1. Oktober 1910 wurde der Hauptbahnbetrieb von Schönholz nach Velten eingeführt. Zehn Jahre später, am 1. Oktober 1920 wurde Heiligensee Teil des neuen Groß-Berlins. Ehemals zum Kreis Osthavelland gehörig, ist der Ort seitdem Teil des 20. Berliner Bezirks Reinickendorf. Die Kremmener Bahn gehörte nun bis Bahnkilometer 17,46 zum Berliner Gebiet. Die nunmehrige Deutsche Reichsbahn (DR) vollendete nun die längst geplante Hochlegung der Strecke von Tegel bis Velten. In mehreren Bauetappen wurde der Bahnhof Heiligensee auf Dammlage gebracht und in seinen heutigen Zustand umgebaut. Die ehemalige Wartehalle wurde zu einer Bahnhofsgaststätte umgebaut, die noch heute existiert.

Am 3. November 1925 wurde der neue Güterbahnhof Heiligensee in Betrieb genommen. Inzwischen hatte das Reichsverkehrsministerium beschlossen, die lang diskutierte Elektrifizierung der drei Nordstrecken zu verwirklichen. Am 16. März 1927 wurde der elektrische Betrieb bis Velten aufgenommen, Heiligensee war nun ein S-Bahnhof. Mit der Umgestaltung der Station während der Hochlegung wurde der Reichsbahnarchitekt Hugo Röttcher (1878 bis 1942) beauftragt. Für den Bahnhof war nun ein eigenes Empfangsgebäude im Landhausstil geplant. Wegen der finanziellen Engpässe der Deutschen Reichsbahn während der Hochlegung wurde der Bau nicht vollendet. Die im ähnlichen Stil gehaltenen Beamtenwohnhäuser nahe des Bahnhofes hingegen wurden realisiert.

Bild: Heiligensee Neuaufbau

Ein Jahr nach den Abrißarbeiten präsentiert sich der Bahnsteig im neuen Glanz (29. März 1998).

Heiligensee war bis 22. November 1945 nicht per Zug erreichbar. Grund waren die zerstörten Brücken über die Industriebahn Tegel-Friedrichsfelde und dem Hermsdorfer Damm. Wer nach Heiligensee wollte, mußte ab Tegel die Straßenbahnlinie 128 benutzen. Hinzu kam noch das von der sowjetischen Besatzungsmacht demontierte zweite Gleis. Mit dem Mauerbau am 13. August 1961 wurde der S-Bahnhof Heiligensee zur Endstation in Westberlin. Zwar richtete die DR ab Oktober 1961 einen 20-Minutentakt von und nach Heiligensee ein, aber diese Angebotsverbesserung kam zu spät: Der S-Bahnboykott zeigte seine Wirkung. Der Güterbahnhof Heiligensee wurde nach dem Mauerbau nur noch gelegentlich genutzt, meist um einen Kohlewagen zu überführen oder den Leerwagen abzuholen. Dafür mußte ein Umlauf der S-Bahn ab Tegel ausfallen. Spätestens nachdem Anfang der 1970er Jahre der Güterverkehr eingestellt wurde, siedelten sich Pferdekoppeln auf dem Gelände an. Eine Ironie am Rande: Der Güterbahnhof blieb noch bis 1977 Tarifbahnhof für den Güterverkehr, obwohl er gar nicht mehr existierte. Die Deutsche Reichsbahn brauchte rund sechs Jahre, bis er aus den Tarifverzeichnissen verschwand. Mit der Übernahme der S-Bahnbetriebsführung durch die BVG wurde am 9. Januar 1984 der S-Bahnverkehr in Heiligensee eingestellt, die Station ward von nun an dem Verfall preisgegeben.

Bei der Sanierung 1997 wurde das marode Dach abgetragen und originalgerecht wieder aufgebaut. Seit dem 15. Dezember 1998 ist der Dornröschenschlaf des Bahnhofs vorbei. Die sanierte Station präsentiert sich wieder der Öffentlichkeit. Das Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Heiligensee wurde erst Ende 2002 als Eisenbahnbetriebsfläche aufgegeben [4]. Dadurch wurde der Weg frei, dass auf dem rund 49.000 qm großen Gelände eine Wohnsiedlung entstehen konnte. Die nach dem Mauerbau überflüssigen Stellwerke "Hls" (südwestlich des Bahnhofes) und "Hnt" (nordwestlich) wurden wegen ihres desolaten Zustandes im Herbst 1985 abgerissen und nicht wiederaufgebaut. Den Verkehr zwischen Tegel (a) und Hennigsdorf (e) regelt nun neu das am südlichen Bahnsteigende in einem Container untergebrachte Stellwerk "Hls". Dieses Provisorium wird bei einer späteren Umstellung der Strecke auf ESTW-Technik wieder verschwinden.

Hennigsdorf Schulzendorf

Autor:
Lars Molzberger
Der Autor ist der Webmaster der Seite www.kremmener-bahn.net

Quellen und weiterführende Buchtipps:
[1] Die Kremmener Bahn; Peter Bley, Verlag Bernd Neddermeyer, 2004, Seite 13
[2] ebenda, Seite 44
[3] ebenda, Seite 46
[4] Kurzmeldung, Berliner Verkehrsblätter, Heft 7/2003
Berlins S-Bahnhöfe; Jürgen Meyer-Kronthaler/Wolfgang Kramer, be.bra Verlag, 1998

weiterführende Links:
Der Bahnhof bei Google Maps
Der Bahnhof Heiligensee auf www.kremmener-bahn.net
Das Stellwerk "Hls" auf der Webseite S-Bahn-Fahrdienstleiter.

Veröffentlichung:
30. März 2011


letzte Änderung des Textes: 30. März 2011

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