Bild: Birkenwerder


telegrafisches Kurzzeichen: BBIW, vormals Bi
eröffnet: 10. Juli 1877
elektrischer Betrieb (750 V) seit: 5. Juni 1925
elektrischer Betrieb (15 kV) seit: 1. Oktober 1983
Station liegt auf der Nordbahn

Hohen Neuendorf Borgsdorf

Als am 10. Juli 1877 der Betrieb auf der Nordbahn eröffnet wurde, erhielt auch Birkenwerder seinen ersten Bahnhof. Die ursprüngliche Station lag nördlich vom heutigen Bahnsteig. Ab dem 1. Juni 1891 war die Strecke bis Oranienburg zweigleisig ausgebaut. Ein Jahr später hatte der Bahnhof Birkenwerder vier Weichen, eine feste Rampe und zwei Privatanschlüsse. Die Nordbahn erschloß für die Berliner auch ein neues Ausflugsgebiet. Zu Himmelfahrt 1910 wurden den Reisenden über 11 000 Fahrkarten an der Bahnsteigsperre abgenommen.

Am 1. Mai 1911 wurde der Bahnhof in Birkenwerder (Bezirk Potsdam) umbenannt. Mit dem viergleisigen Ausbau der Strecke bis Birke ab 1921 wurde auch die Station erneut umgestaltet, sie rückte bei diesem Umbau weiter nach Süden an ihre heutige Stelle. Die Güterverkehrsanlagen wechselten auf die Ostseite. Ein neues Empfangsgebäude wurde nach einem Entwurf aus dem Jahr 1923/24 vom Architekten Richard Brademann errichtet. In diesem Empfangsgebäude befand sich bis 1963 auch das Stellwerk "Bis".

Bild: Empfangsgebäude

Das Empfangsgebäude wurde nach den Entwürfen von Richard Brademann erbaut.

Die Nordbahn sollte als zweite Strecke der Nordstrecken elektrisiert werden. Dies bedeutete neben dem Bau einer völligen neuen elektrischen Infrastruktur auch aufgrund der stetig steigenden Fahrgastzahlen den Bau neuer Vorortgleise; diese wurden am 11. Dezember 1924 zwischen Frohnau und Birkenwerder in Betrieb genommen. Im Jahr darauf errichtete man gleich vor dem Bahnhof die Straßenbrücke. Um die Wege für die Reisenden kurz zu halten, gab es einen direkten Zugang zwischen der Brücke und dem Empfangsgebäude. Dieser seitliche Zugang wurde erst mit dem Neubau der Straßenbrücke abgerissen, seitdem müssen die Fahrgäste einen längeren Weg in Kauf nehmen. Im Jahre 1925 wurde die später wegen ihres Anstrichs als "Rote Brücke" so genannte Fußgängerbrücke quer über die Gleisanlagen im km 19,740 errichtet. Diese den kompletten Bahnhof überquerende Verbindung ist heute als Baudenkmal in die Landesdenkmalliste von Brandenburg aufgenommen und wurde im September 2009 in mehreren Abschnitten saniert.

Am 5. Juni 1925 wurde Birkenwerder an das noch kleine Netz der elektrisch betriebenen S-Bahn, auch wenn diese Bezeichnung erst Ende 1930 geprägt wurde, angeschlossen und war für die nächsten 17 Wochen die vorläufige Endstation. Erst ab Sonntag, dem 4. Oktober 1925, fuhren die elektrischen Vorortzüge über Birkenwerder hinaus bis zu ihrem auch heute noch bestehenden Endziel Oranienburg. Wurde anfangs diese Zugverbindung noch unregelmäßig bedient, so gab es ab dem 15. Mai 1927 einen festen 20-Minutentakt. Im Berufs- und Sonntagsverkehr fuhr die Reichsbahn Birkenwerder im Zehnminutentakt an.

Mitten im Zweiten Weltkrieg sollte auf dem Bahnhof Birkenwerder eine Versuchsanlage für einen neuen Stellwerkstyp der Bauart K-44 VES entstehen. Der weitere Kriegsverlauf unterbrach nicht nur diese Arbeiten, im April 1945 wurde auch der S-Bahnverkehr eingestellt. Nach dem Krieg wurde der Verkehr im Juni 1945 zunächst mit Dampflokomotiven und ab dem 18. August 1945 auch wieder elektrisch aufgenommen. Infolge der Reparationsleistungen verschwand sowohl das zweite, östlich gelegene Streckengleis der S-Bahn als auch das der Fernbahn nach Osten. Erst im Mai 1955 konnte das zweite Gleis zwischen Hohen Neuendorf und Birkenwerder nach seinem erneuten Aufbau wieder befahren werden.

Bild: Wendezug mit BR 110

Anderthalb Jahre vor dem elektrischen Gemeinschaftsbetrieb zeigt sich der Bahnhof noch ohne Oberleitungen.
Zusätzlich zum 20-minütigen S-Bahntakt verkehrten Doppelstockwendezüge, im Bild 112 465-0 vom Bw Pankow (25. März 1982).

Nach umfangreichen Arbeiten und Anpassungen an der Gleisanlage nahm die Deutsche Reichsbahn (DR) 1963 ein Gleisbildstellwerk der Bauform GS II DR gegenüber dem S-Bahnsteig in Betrieb, die alten Stellwerke "Bis" und "Bib" wurden abgeschaltet. Nach mehrfachen Umbauten und Anpassungen an die Gleislage ist das Gleisbildstellwerk noch heute in Betrieb. Es handelt sich um einen Typenentwurf in Großblockbauweise wie er auch in Schönfließ und Hohen Neuendorf West anzutreffen ist.
Im November 1971 erfolgte die Fertigstellung der neuen viergleisigen Eisenbahnbrücke über den Berliner Ring (heute BAB 10). Bei einem Umbau der Kehranlage im Februar 1973 wurde die Handweiche 64 zum Umsetzen von Lokomotiven zwischen den Gleisen 14 und 16 eingebaut. Zur Vorbereitung des zweigleisigen Ausbaus der Fernbahn zwischen Birkenwerder und Lehnitz wurden im März 1975 die Weichen 27, 29, 30 und 31 eingesetzt.

Im März 1983 beendete die DR die Anpassungsarbeiten an den Sicherungsanlagen für die Elektrifizierung der Fernbahn. Gleichzeitig wurden die ersten Oberleitungsmasten gesetzt. Am 29. September 1983 wurde die Oberleitung der Fernbahn von Wustermark/Priort über den Berliner Außenring bis Birkenwerder unter Spannung gesetzt, zwei Tage später nahm die DR den elektrischen Betrieb auf. Seitdem gibt es im Bahnhof Birkenwerder elektrischen Gemeinschaftsbetrieb der mit 750 V Gleichspannung betriebenen S-Bahn und der mit 15 kV Wechselspannung gespeisten Fernbahn. Da sich die beiden Stromsysteme wegen der unterschiedlichen Erdungsgrundsätze nicht miteinander vertragen, wurde als Lösung dieses Problems der elektrische Verbundbetrieb gewählt.

Bild: ehemaliges Stellwerk Bis

Im Empfangsgebäude war das Stellwerk "Bis" untergebracht. Die beiden Erker gehörten zum Stellwerksraum (10. April 2006).

Am 14. Dezember 1983 wurde die Oberleitung zwischen Birkenwerder und Nassenheide in Betrieb genommen. Ein Jahr später, am 15. Dezember 1984 ging auf dem Streckenabschnitt Lichtenberg—Biesdorfer Kreuz—Schönfließ—Birkenwerder ebenfalls die Oberleitung in Betrieb. Wenige Monate zuvor im September rüstete die DR den Bahnhof mit PZB-Magneten der Induktiven Zugsicherung aus. Im Jahr 1996 verschwand bei einer Bahnsteigsanierung das hölzerne Bahnsteigdach aus den 1920er Jahren, es wurde durch eine moderne Konstruktion ersetzt. Am 12. Januar 2006 eröffnete im Empfangsgebäude ein DB ServiceStore. In einem 40 Quadratmeter großen Verkaufsraum finden Reisende alles, von der S-Bahn Fahrkarte über Reisebedarf, Snacks, Zeitungen und Tabakwaren bis hin zu kleinen Geschenken.
Nach einer Brandstiftung am 17. März 2007 um 2:10 Uhr, bei der eine Holzkiste mit Baumaterial angezündet wurde, stürzte die Gebäudedecke der Eingangshalle ein.

Am 16. April 2013 entgleiste im Bahnhof Birkenwerder eine Regionalbahn bei der Ausfahrt aus der Kehranlage im Gleis 18. Ursache der Entgleisung war der marode Oberbau der Kehranlage. Daraufhin wurde Gleis 18 gesperrt, die Gleise 14 und 16 notdürftig repariert. Im Frühjahr 2014 wechselte man im Gleis 16 zusätzlich einige Holzschwellen aus. Ab dem 19. Mai 2014 war auch das Kehrgleis 14 nicht mehr befahrbar.

In der Zeit vom 17. Oktober bis zum 17. November 2014 sanierte die Deutsche Bahn die Kehranlage grundlegend und baute sie um. Dazu wurde die Oberleitungsanlage der Fernbahn in der Kehranlage abgeschaltet, das mittlere Gleis 16 und die nun entbehrliche Weiche 62 zurückgebaut. Dadurch entfiel auch die seit Jahren ungenutzte Handweiche 64 am Ende der Kehranlage. Die alte Weiche 61 wurde durch eine neue Außenbogenweiche ersetzt, die Kehrgleise 14 und 18 erneuert und ein neuer Dienstweg für die Triebfahrzeugführer in die Kehranlage errichtet. Die Sicherungsanlagen des Stellwerkes Bi wurden der neuen Gleislage entsprechend angepaßt.

Für den gesamten Verkehr stand für einen Monat nur das Bahnsteiggleis 6 zur Verfügung. Statt der S8 fuhr in dieser Zeit die S9 nach Birkenwerder, da sie eine günstigere Fahrplanlage besaß und man somit besser auf dem einen noch verbliebenen Bahnsteiggleis zwischen den Zügen der S1 kehren konnte. Ursprünglich sollte die Fahrleitung der Fernbahn über der erneuerten Kehranlage im Januar 2015 wieder zugeschaltet werden. Die komplette Fertigstellung verzögert sich gegenwärtig noch, da u.a. die derzeit provisorische Beleuchtung des Dienstweges für die Triebfahrzeugführer noch an ihren endgültigen Zustand angepaßt wird.

Hohen Neuendorf Borgsdorf

Autor:
Mathias Kohla

Quellen und Buchtipps:
Berliner Nordbahn - 125 Jahre Eisenbahn Berlin - Neustrelitz - Stralsund; Peter Bley; Verlag Neddermeyer; 2002
Berlins S-Bahnhöfe; Jürgen Meyer-Kronthaler/Wolfgang Kramer; be.bra Verlag; 1998

weiterführende Links:
Der Bahnhof bei Google Maps

Veröffentlichung:
3. Oktober 2011


letzte Änderung des Textes: 25. Januar 2015

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