Das S-Bahnbetriebswerk Papestraße

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Der Triebwagenschuppen und weitere bauliche Anlagen

In der großen Wagenhalle befinden sich die Gleise 61-65. Jedes dieser Gleise kann vier Viertelzüge aufnehmen. Das Gleis 61 war als Waschgleis mit einer mechanischen Waschanlage ausgestattet. Die Gleise 62 und 63 waren für die Triebfahrzeugunterhaltung vorgesehen, ab 22 Uhr dienten sie auch dem Zugauslauf. Die Gleise 64 und 65 waren im Regelfall für aussetzende Schadzüge freigehalten.
In der kleinen Wagenhalle befanden sich die Gleise 71 und 72, diese konnten jeweils zwei Viertelzüge zur Bedarfsausbesserung aufnehmen.

In den Jahren 1950-1955 wurden umfangreiche Instandsetzungsarbeiten an den baulichen Anlagen vorgenommen. Dabei wurden die Dachkonstruktion und der Schuppenfußboden u.a. saniert.
Die Waschanlage auf Gleis 61 war ausgestattet mit:

Ausgestattet waren die Werkstätten mit einer Dreherei, Malerei, Glaserei, Tischlerei und Schmiede.

Im Jahre 1970 waren folgende Hebezeuge vorhanden:

Die Beheizung des S-Bw Papestraße war durch eine eigene Heizanlage gewährleistet.

Bild: Fahrmotore GBM 700

Die Fahrmotoren der Bauart GBM 700 waren der Grund für den charakteristischen Fahrsound der Altbaureihen.
Vorne links im Vordergrund liegen Teile der Kurzkupplung (1980).

Personalräume

Für die dort arbeitenden Personale gab es im Erdgeschoß des Verwaltungsgebäudes einen Frühstücksraum sowie in der ersten Etage die Umkleide- und Waschräume. Für Veranstaltungen stand im 2. Obergeschoß ein Kulturraum für 75 Personen zur Verfügung.

Da keine Werksküche vorhanden war, wurde das Mittagessen vom benachbarten Reichsbahnausbesserungswerk Berlin-Tempelhof in Thermophoren angeliefert. Da dieses meist schon gegen 10:30 Uhr geschah, war das Essen bei der Ausgabe häufig kalt. Die Fahrpersonale hingegen wurden durch die Versorgungsstelle Gesundbrunnen verköstigt.
In einem vorhandenen Sanitätsraum war ständig ein Sanitäter anwesend, ein Arzt besuchte turnusmäßig das S-Bw. Diese Personen unterstanden dem Verkehrsmedizinischen Dienst der DR.

Die Zugbildung

Im Fahrplanjahr 1969/1970 war das S-Bw Papestraße für die Bildung und den Einsatz folgender Zuggruppen verantwortlich:

Daraus berechnete sich ein Gesamtbedarf von 46 Viertelzügen. Insgesamt wurden in Westberlin 72 Viertelzüge eingesetzt, der Gesamtwagenpark war mit 90 Viertelzügen angegeben.
Bei Großveranstaltungen wurden neben dem Einsatz von Sonderzügen die Zuggruppen A und C sowie die Reserve Par auf Dreiviertelzüge verstärkt.

Die im S-Bw Par vorhandenen Viertelzüge wurden im Reichsbahnausbesserungswerk (Raw) Schöneweide den bahnamtlichen Untersuchungen der Instandhaltungsstufen T5 - T7 (in den sechziger Jahren T2 - T4) unterzogen. Die Zuführung erfolgte über Schöneberg, Halensee, Charlottenburg, Friedrichstraße (Fernbahnsteig), Treptower Park zum Raw, da diese nach dem Mauerbau noch die einzige verbliebene S-Bahn-Verbindung zwischen West und Ost war.

Die Personalsituation

Die Personalsituation des S-Bw Papestraße war regelmäßig Schwankungen unterworfen. Nach dem Bau der Mauer im Jahre 1961 herrschte auch hier ein grundsätzlicher Personalmangel, der nur durch Überstunden abgefangen werden konnte. Anders als im S-Bw Nordbahnhof arbeiteten im S-Bw Par Eisenbahner aus West- und Ostberlin.

Im Jahre 1970 zeigte sich die Personalsituation immer noch angespannt. Vorhandene Planstellen konnten nicht besetzt werden, denn Neueinstellungen waren besonders von der allgemeinen Arbeitsmarktlage abhängig. So war es "bereits seit längerer Zeit nicht mehr möglich, die laufenden Abgänge durch Neueinstellungen auszugleichen", wie ein Bericht feststellte.

Bild: aufgebockter Wagenkasten

275 501-5 ist in der kleinen Wagenhalle auf einem Holzbock abgestellt, während bei seinem Drehgestell 1 größeren Reparaturarbeiten anstehen (26. Juli 1980).

Die Materialversorgung im Jahre 1970

Die Tauschteil- und Ersatzteilversorgung übernahm das Raw Schöneweide in einem 14tägigen Rhythmus. Die Versorgung mit Betriebsstoffen erfolgte durch das Raw Berlin-Grunewald. Von dort bezog man unter anderem Öle, Fette, Reinigungsmittel, Fahrzeugsicherungen, Leuchtstoffröhren und Kohlebürsten. Materialzüge erreichten das S-Bw auch vom S-Bw Nordbahnhof. Da die dort beschäftigten Eisenbahner alle aus Ostberlin kamen, nutzten sie die Zeit des Be- und Entladens für einen Bummel durch Tempelhof. Da ihnen ein Verlassen des Betriebsgeländes der Deutschen Reichsbahn strengstens untersagt war, geschah dies meist in stillem Einvernehmen mit dem örtlichen Rangierpersonal.

Herabstufung und Schließung

Am 30. Juni 1978 wurde das S-Bahn-Betriebswerk Papestraße als selbständige Dienststelle aufgelöst und einen Tag später, am 1. Juli 1978, dem S-Bw Berlin-Wannsee als Triebwagenhalle unterstellt.

Mit dem Reichsbahnerstreik vom September 1980 und der damit verbundenen Stillegung der Ringbahn wurde auch die Triebwagenhalle Par entbehrlich. Die Fahrzeuge der BR 275 mit Leuchtstofflampen kamen zum S-Bw Wannsee, die 275er, die mit Glühlampen ausgestattet waren, wur-den nach Ostberlin überführt. Eine ähnliche Teilung gab es bei den Personalen: Eisenbahner aus Westberlin wurden dem Bw Wannsee zugeteilt, Mitarbeiter aus Ostberlin kamen wieder zu ihren Heimatdienststellen im Ostteil der Stadt. Zahlreichen Mitarbeitern wurde aufgrund ihrer Unterstützung des Streiks gekündigt, auch im S-Bw Wannsee. Viele Personale waren frustriert, sie kündigten von selbst.

Die Ringbahn und das ehemalige S-Bahn-Betriebswerk Papestraße verfielen in einen Dornröschenschlaf, die Bauten, Bahnhöfe und technischen Anlagen wurden größtenteils Opfer von Vandalismus.


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